Das Recycling von Klärschlamm durch Pyrolyse schafft hochwertige Pflanzenkohle, die wertvollen Phosphor enthält, einen wesentlichen Nährstoff für das Pflanzenwachstum. Darüber hinaus bietet die Karbonisierung Kommunen eine sichere und rentable Kreislaufwirtschafts-Lösung, da sie erneuerbare Energie erzeugt, während die Biochar sowohl landwirtschaftliche Vorteile bietet als auch Kohlenstoff bindet.
Die gesteuerte Karbonisierung hat aber einen weiteren wesentlichen Vorteil: Sie hygienisiert die toxischen und verunreinigten Klärschlämme und schützt dadurch Mensch und Natur.
Computergesteuerter Prozess
Kernstück der PYREG-Technologie ist der patentierte Reaktor in Kombination mit der nachgeschalteten FLOX-Brennkammer („FLOX“ steht für flammenlose Oxidation). Im Reaktor wird das Rohmaterial unter weitgehender Abwesenheit von Luft bei hohen Temperaturen von etwa 500 bis 700 °C für mehrere Minuten erhitzt. Die computergesteuerten Prozessparameter – wie Fördergeschwindigkeit des Einsatzmaterials, Temperatur und Luftzufuhr – sind der Schlüssel zum Recyclingerfolg. Dabei bleibt der Phosphor für die Pflanzen vollständig verfügbar. Und mehr noch: Diese Klärschlammbehandlung bietet ein großes Potenzial zur Entfernung vieler Schadstoffe mit hoher ökologischer und gesundheitlicher Bedeutung.
Karbonisierung vernichtet Krankheitserreger
Klärschlamm entsteht hauptsächlich aus menschlichen Ausscheidungen. Natürlich enthält der Schlamm Sporen, Krankheitserreger und Pyrogene, die für die öffentliche Gesundheit bedenklich sind.[1] Die Standardhygienisierung von Klärschlamm (z. B. Erhitzen des Schlamms auf 70 °C) beseitigt nicht alle diese Schadstoffe.
Die Prozessbedingungen der Pyrolyse (> 350 °C für mehrere Minuten) sind sogar wesentlich härter als die zugelassenen Sterilisationsbedingungen. Dementsprechend eliminiert die Pyrolyse alle im Klärschlamm enthaltenen Krankheitserreger[2] und Pyrogene – einschließlich Bakterien, Pilze, Viren, Sporen, Parasiten, Antibiotikaresistenzgene usw. Das Endprodukt, d. h. die Biochar (Pflanzenkohle), ist frei von Gefahren für die öffentliche Gesundheit.
Pyrolyse beseitigt Mikroverunreinigungen aus Klärschlamm
Aufgrund der Mikroverunreinigungen in Klärschlämmen werden zunehmend Bedenken hinsichtlich der Ausbringung von Klärschlämmen auf landwirtschaftlichen Flächen geäußert. Jüngste wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Pyrolyse mehrere Arten von Mikroverunreinigungen zerstört oder entfernt:
Organische Schadstoffe (z. B. Pharmazeutika, hormonstörende Moleküle):
Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass bei ausreichend hohen Pyrolysetemperaturen (> 500 °C) und langer Dauer (> 3 min) alle organischen Referenzschadstoffe und Mikroverunreinigungen vollständig oder nahezu vollständig abgebaut oder aus dem Feststoff ausgetrieben wurden. In einer 2019 veröffentlichten Studie des Bundesumweltamtes[3] wurden die Rückstände verschiedener pharmazeutischer Klärschlämme nach einer pyrolytischen Behandlung bei über 500 °C analysiert. Alle untersuchten Pharmazeutika lagen nach dem Prozess unter der Nachweisgrenze. Die Autoren schlussfolgern: „Mit thermo-chemischen Behandlungen (d.h. Pyrolyse) wird eine vollständige Zerstörung der pharmazeutischen Rückstände erreicht. Es sind keine weiteren technischen Behandlungsmaßnahmen erforderlich.“
PFAS:
Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) werden durch den Prozess der Pyrolyse beseitigt. Kundu et al. (2021)[4] fanden heraus, dass mehr als 90 % der PFOS und PFOA in Klärschlamm durch ein integriertes Verfahren aus Pyrolyse und Verbrennung zerstört wurden. Eine Untersuchung des US EPA Office of Research and Development (2021)[5] an der kommerziell installierten PYREG-Anlage des US-Unternehmens Bioforcetech zeigt, dass die Pyrolyse bei 600 °C für 10 Minuten und die Verbrennung der Pyrolysegase bei 850 °C PFAS aus Klärschlamm beseitigen. Bioforcetech (2021)[6] hat über 38 PFAS-Verbindungen berichtet, die alle in der Biokohle in ihrem Pyrolyse- und Pyrolysegasverbrennungsprozess unter der Nachweisgrenze gehalten oder entfernt wurden.
PAK:
Die Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ist in Europa weit verbreitet, obwohl die Schlämme potenziell einen hohen Gehalt an toxischen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) aufweisen. Richtig konzipierte Pyrolyseverfahren können diese chemischen Verbindungen beseitigen, so dass Biokohle mit einem PAK-Gehalt unterhalb der Grenzwerte oder sogar der Nachweisgrenze entsteht: Moško et al. (2021)[7] wiesen nach, dass die langsame Pyrolyse bei > 400 °C mehr als 99,8 % der untersuchten PCB, PAK, endokrin wirksamen Chemikalien und hormonellen Verbindungen entfernt. Die Autoren stellen fest: „Durch langsame Pyrolyse bei hohen Temperaturen (> 600 °C) können organische Schadstoffe zufriedenstellend aus dem entstehenden Schlammteig entfernt werden, der sicher als Bodenverbesserungsmittel eingesetzt werden könnte“.
Pyrolyse beseitigt Mikroplastik aus Klärschlamm
Untersuchungen zeigen, dass Klärschlamm eine Senke für Mikroplastik ist. Daher ist eine wirksame Zerkleinerung der Kunststofffragmente von entscheidender Bedeutung für eine mögliche Ausbreitung.[8] Ni et al. (2020)[9] stellten fest, dass „Polyethylen und Polypropylen, die beiden häufigsten Mikroplastikarten im Klärschlamm, bei einer Pyrolysetemperatur von 450 °C vollständig abgebaut wurden.“ Die Gesamtkonzentration von Mikroplastik wurde bei Pyrolysetemperaturen von 500 °C von 550,8 – 960,9 auf 1,4 – 2,3 Partikel/g reduziert. Es blieb kein Mikroplastik mit einer Partikelgröße von 10-50 μm übrig.
Zur Veranschaulichung des Verhaltens von Kunststoffen bei der Hochtemperaturbehandlung (z. B. bei der Pyrolyse) sind in Abbildung 1 die Kurven der thermischen Zersetzung von PE und PP dargestellt. Die thermische Zersetzung von PE und PP zeigt einen dramatischen Massenverlust zwischen 400 °C und 500 °C, während sich das Material oberhalb von 500 °C „vollständig zersetzt, ohne nennenswerte Rückstände zu hinterlassen“[10] PET, ein für Klärschlamm sehr relevanter Kunststoff, beginnt sich bei einer Temperatur von über 450 °C zu zersetzen und geht in die Gasphase über. Die Zersetzung von PET ist bei Temperaturen über 500 °C in weniger als einer Minute (α = 1) beendet[11]. Die gecrackten Gase haben einen hohen Heizwert und können zur Energieerzeugung genutzt werden. Somit ist die Pyrolyse von Klärschlamm eine gute Methode, um Mikroplastik in der Umwelt drastisch zu reduzieren.
Abbildung 1: TG-Scans von PE und PP, gemessen bei konstanter Heizrate in zwei verschiedenen Testumgebungen: inerte Atmosphäre und Luft[12].
Quellen:
[1] Huygens, D., Garcia-Gutierrez, P., Orveillon, G., Schillaci, C., Delre, A., Orgiazzi, A., Wojda, P., Tonini, D., Egle, L., Jones, A., Pistocchi, A. and Lugato, E., Screening risk assessment of organic pollutants and environmental impacts from sewage sludge management, EUR 31238 EN, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2022, ISBN 978-92-76-57322-7 (online), doi:10.2760/541579 (online), JRC129690.
[2] Paz-Ferreiro, Jorge, Aurora Nieto, Ana Méndez, Matthew Peter James Askeland, and Gabriel Gascó. 2018. „Biochar from Biosolids Pyrolysis: A Review“ International Journal of Environmental Research and Public Health 15, no. 5: 956. https://doi.org/10.3390/ijerph15050956
[3] Bundesumweltamt (2019) Arzneimittelrückstände in Rezyklaten der Phosphorrückgewinnung aus Klärschlämmen, Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Forschungskennzahl 3715 33 401 0, UBA-FB 002724 (https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-03-29_texte_31-2019_arzneimittelrueckstaende-klaerschlamm_v2.pdf)
[4] Kundu, S., Patel, S., Halder, P., Patel, T., Marybali, M. H., Pramanik, B. K., Praz-Ferreiro, J., Figueiredo, C. C., Bergmann, D., Surapaneni, A., Megharaj, M., Shah, K., Removal of PFASs from biosolids using a semi-pilot scale pyrolysis reactor and the application of biosolids derived biochar for the removal of PFASs from contaminated water, Environ. Sci.: Water Res. Technol., 2021, 7, 638–649
[5] Gullet, B., EPA PFAS innovative treatment team (PITT) findings on PFAS destruction technologies, EPA Tools & Resources Webinar February 17, 2021
[6] https://ccag.ca.gov/wp-content/uploads/2020/02/BFT_FEB_2020-1.pdf
[7] Moško J, Pohořelý M, Cajthaml T, Jeremiáš M, Robles-Aguilar AA, Skoblia S, Beňo Z, Innemanová P, Linhartová L, Michalíková K, Meers E. Effect of pyrolysis temperature on removal of organic pollutants present in anaerobically stabilized sewage sludge. Chemosphere. 2021 Feb;265:129082. doi: 10.1016/j.chemosphere.2020.129082. Epub 2020 Nov 23. PMID: 33309446
[8] Charles Rolsky, Varun Kelkar, Erin Driver, Rolf U. Halden, Municipal sewage sludge as a source of microplastics in the environment, Current Opinion in Environmental Science & Health, Volume 14, 2020, Pages 16-22, ISSN 2468-5844, https://doi.org/10.1016/j.coesh.2019.12.001.
[9] Ni, B., Zhu, Z., Li, W., Yan, X., Wei, W., Xu, Q., Xia, Z., Dai, X., & Sun, J. (2020). Microplastics Mitigation in Sewage Sludge through Pyrolysis: The Role of Pyrolysis Temperature. Environmental Science and Technology Letters, 7, 961-967.
[10] Sudip Ray, Ralph P. Cooney, chapter 9 – Thermal degradation of polymer and polymer composites, Myer Kutz, Handbook of environmental degradation of materials (third edition), william Andrew publishing, 2018, pp. 185-206, https://doi.org/10.1016/B978-0-323-52472-8.00009-5
[11] Osman, A.I., Farrell, C., Al-Muhtaseb, A.H. et al. Pyrolysis kinetic modelling of abundant plastic waste (PET) and in-situ emission monitoring. Environ Sci Eur 32, 112 (2020). https://doi.org/10.1186/s12302-020-00390-x https://www.researchgate.net/figure/Reaction-progress-a-versus-the-temperature-for-the-PET-pyrolysis-where-the-coloured-and_fig1_343994995.
[12] Sudip Ray, Ralph P. Cooney, chapter 9 – Thermal degradation of polymer and polymer composites, Myer Kutz, Handbook of environmental degradation of materials (third edition), william Andrew publishing, 2018, pp. 185-206, https://doi.org/10.1016/B978-0-323-52472-8.00009-5
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